Kassel: Die unterschätzte Stadt im Herzen Deutschlands
Alle Wege führen nach … genau, Kassel. Ob mit dem Auto über die Autobahnen A7 und A44 oder mit dem Zug auf dem Weg von Norden nach Süden – an Kassel führt oftmals kein Weg dran vorbei. Und doch haben sich wohl die wenigsten Zeit genommen, die Stadt bei einer Reise näher kennenzulernen. Stattdessen hört man immer wieder Aussagen wie „Kassel ist grau“, „Kassel ist hässlich“ oder „In Kassel ist nichts los“. Doch auch wenn die Stadt, in der einst die Brüder Grimm wohnten, kein Meer, keine Alpen, keine bekannten Kirchen oder renommierte Universitäten zu bieten hat, lohnt es sich trotzdem, die Großstadt im Norden von Hessen zu besuchen. Sehenswürdigkeiten gibt es allemal.

Foto: © Jan Blömeke
Zugegebenermaßen, der ICE-Bahnhof als Ankunftsort für tausende Reisende ist nicht sonderlich schön und gemütlich, doch es lohnt sich dennoch, ihn zu verlassen und einen Fuß vor die Tore des Bahnhofsgebäudes zu setzen. Denn direkt vor dem Bahnhof Wilhelmshöhe verläuft die wohl bedeutendste, prachtvollste, historischste und geradeste Allee in Kassel – die Wilhelmshöher Allee. Mit einer Gesamtlänge von 4,6 Kilometern verbindet sie die Innenstadt im Osten mit dem Schloss Wilhelmshöhe und Bergpark Wilhelmshöhe im Westen. Dieser steht der Kasseler-Bevölkerung nicht nur als Naherholungsgebiet zur Verfügung, sondern ist auch der größte Bergpark in Europa und gleichzeitig anerkanntes UNESCO-Weltkulturerbe. Inmitten wacht die bekannte kupferfarbene Herkulesstatue über die Dächer der Stadt. Besonders der Blick vom Fuße des Wahrzeichens über Kassel, ist ein Ausflug wert – am Tag und in der Nacht. Die Aussicht ist einfach herrlich. In den Sommermonaten zieht der Bergpark hunderte Besucher nach Kassel, die das spektakuläre Schauspiel der berühmten beleuchteten Wasserspiele erleben möchten.
Graue Innenstadt aber wunderschöne Parks
Auf der anderen Seite der Wilhelmshöher Allee befindet sich das, für das Kassel bei den meisten bekannt ist – die graue Innenstadt im 50er-Jahre-Baustil. Böse Zungen würde diese als hässlichsten Teil der Stadt bezeichnen. Doch das Schöne an der ebenfalls völlig geraden Fußgängerzone ist, dass du alles findest, was du brauchst. In der Innenstadt bist du schließlich zum Shoppen und nicht zum Sightseeing. Im zweiten Weltkrieg wurde nahezu die gesamte Innenstadt von Kassel komplett zerstört. Doch es gibt auch viele schöne Straßen mit historischen Gebäuden – du musst sie bloß etwas länger suchen. Mit zahlreichen Altbauten und architektonischen Prachtstücken sind die schönsten Stadtteile in Kassel beispielsweise der Vordere Westen, der Stadtteil Bad Wilhelmshöhe oder die Südstadt.

Foto: © Jan Blömeke
Auch Naturfreunde kommen in Kassel auf ihre Kosten, schließlich gehört die Stadt zu den grünsten Großstädten Deutschlands. Egal wo du wohnst, du hast immer einen Park in deiner Nähe. Neben dem Bergpark, der Götheanlage, dem Nord-Stadtpark und dem Park Schönfeld gibt es noch die prachtvolle, 150 Hektar große Karlsaue. Das grüne Paradies befindet sich nahe der Innenstadt, direkt neben der Fulda und wurde bereits zu Beginn des 18. Jahrhundert als symmetrisch gestalteter Barockgarten mit fächerförmig angelegten Kanälen gestaltet. Inmitten des Parks befinden sich das prachtvolle Barockschloss Orangerie sowie die farbenfrohe Blumeninsel Siebenbergen. Neben dem Bergpark gehört die Karlsaue somit zum schönste Rückzugsort in Kassel. Hin und wieder begegnet dir dort auch das Haustier von Nordhessen – der Waschbär. Sie wurden in den 30er Jahren in der Nähe Kassels ausgesetzt und fühlen sich seitdem sowohl auf Dachböden, Mülltonnen oder in Parks besonders wohl.
Kultur und Sehenswürdigkeiten? Findest du an jeder Ecke!
Neben den knuffigen Waschbären ist auch die weltweit bedeutendste Ausstellung für zeitgenössische Kunst in Kassel beheimatet – die documenta. Alle fünf Jahre lockt sie knapp 900.000 kunstbegeisterte Besucher aus aller Welt in die drittgrößte Stadt Hessens, die in der Bevölkerung und auf dem Stadtschild auch documenta-Stadt genannt wird. In diesen 100 Tagen wird Kassel zur internationalen Metropole in der die Atmosphäre in Biergärten, Cafés und auf offener Straße eine ganz besondere ist. Doch auch in den Jahren zwischen der documenta können Kunstbegeisterte in Kassel viel bestaunen. Es ist schließlich an jeder Ecke ein Kunstwerk und somit eine Sehenswürdigkeit zu finden. So zum Beispiel der Himmelsläufer am Kulturbahnhof (Hauptbahnhof), der Obelisk in der Treppenstraße, die Spitzhacke am Fuldaufer, der Erdkilometer vor dem Fridericianum in der Mitte des Friedrichsplatz, der Baum mit dem Stein in der Krone in der Karlsaue oder die weltweit erste Laserinstallation im öffentlichen Raum, die die Orangerie mit dem Herkules verbindet. Wer keine Lust auf freie Kunst hat, findet neben der Grimmwelt auch spezifische Museen wie zum Beispiel über den Tod, Tapeten oder komische Kunst.

Foto: © Jan Blömeke
Falls du irgendwann doch genug von Kassel haben solltest und wieder zurückwillst in die große weite Welt, so bist du in Kassel perfekt angebunden. Mit dem ICE erreichst du in knapp zwei Stunden Hamburg und in drei Stunden Köln, München oder Berlin. Auch mit dem Flixbus und Flixtrain bist du im Handumdrehen in einer anderen Großstadt.
